Absetzen von Antidepressiva (hier Paroxetin) – Teil 1: Prolog

Das Absetzen bzw. Ausschleichen von Antidepressiva wirft immer wieder Fragen auf. Im Internet findet man teilweise richtige Horrorgeschichten. Doch verallgemeinern sollte man es nicht: jedes Individuum reagiert anders, es sollte also nicht vom Schlimmsten ausgegangen werden. Als „Zuckerschlecken“ sollte man dies jedoch auch nicht abstempeln. Ein Selbstversuch.

Die zentrale Frage lautet:

Wie kann der Fortschritt (s)einer Therapie in Bezug auf die eigene Krankheit überprüft werden, wenn auftretende Symptome nahezu deckungsgleich mit Nebenwirkungen der Medikamente bzw. die Herkunft (also psychosomatisch oder medikamentös) der Symptome nicht eindeutig zu identifizieren sind?
Man schafft die Medikamente ab. Mit aller Konsequenz.

In diesem Mehrteiler will ich meinen persönlichen Weg beschreiben, mit allen Facetten und Gedanken.

Vorgeschichte

Absetzen von Antidepressiva (hier Paroxetin)

Bild: Paroxetin 1 A Pharma, 20mg Filmtabletten © Alexander Peinze

Ich nehme seit Oktober 2011 nahezu ununterbrochen Paroxetin, 20mg. Auslöser waren einige Panikattacken beim Autofahren, bzw. beim Einkaufen. Die Medikation wurde beim darauffolgenden Aufenthalt in einer Tagesklinik verabreicht. Indikation: Agoraphobie (F40.0) mit Panikstörung (F41.0).

Nach einigen Monaten verübte ich einen unbedachten Schritte: das Absetzen der Medikamente von 20mg auf Null. Von jetzt auf gleich. Dies ging einige Wochen gut, ich fühlte mich wirklich super, bis der Einbruch kam und ein erneuter Aufenthalt in der Tagesklinik unausweichlich vor der Tür stand.

Eine erneute medikamentöse Einstellung erfolgte (inklusive Rüffel von sämtlichen Ärzten…), Wiedereingliederung auf Arbeit, zurück in das „normale“ Leben. Bis heute. Das klappt in einigen Fällen gut. Es gibt Tage die verlaufen mies und es gibt Tage die sind richtig beschissen mies. Mehr gibt es nicht.

Ausgangslage, oder der Grund für das Absetzen

Warum ich das Medikament absetzen möchte? Dies kann ich ganz einfach begründen:

  • Ich bin der Meinung, dass alles, was regelmäßig über längeren Zeitraum eingenommen wird, für den Körper nicht gut sein kann.
  • Nebenwirkungen. Liest man sich in der Packungsbeilage die häufig, bzw. sehr häufig auftretenden Nebenwirkungen von Paroxetin durch, muss ich sagen: ich habe sie (fast) alle. Täglich. In unterschiedlicher Kombination. In unterschiedlicher Ausprägung.Das sind zum Beispiel: Appetitlosigkeit, Antriebslosigkeit, Schläfrigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Tremor, Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, erweiterte Pupillen (und somit Lichtempfindlichkeit), Rauschen in den Ohren, Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung, Mundtrockenheit, Schwitzen, Frösteln und allgemeiner Schwächezustand.Außerdem habe ich das Gefühl, dass mein Immunsystem allgemein sehr anfällig ist. Ständig bin ich erkältet, oder habe Halsschmerzen. Das alles sind tägliche Begleiter und gehören zu meinem Leben. Manche Episoden sind leichter zu durchstehen. Man sagt „Servus Sehstörung!“ – und macht einfach dort weiter, wo man gerade aufgehört hat. Andere Episoden sind so heftig, dass dies nicht gelingt. Es hilft, wenn überhaupt, nur Ruhe und Schlaf. Spaß macht das nicht und es kostet Energie. Sehr viel Energie.
  • Fragwürdiger Nutzen. Insgesamt 10 Wochen Tagesklinik, x Sitzungen kognitive Verhaltenstherapie und unzählige Gespräche mit Gleichgesinnten, das Lesen von Literatur und intensiver Beschäftigung mit der Thematik (Ergebnis u.a. diese Webseite) bringen mich plus zusätzlicher Einnahme der Medikamente kaum voran. Eher im Gegenteil.Heute bin ich nicht in der Lage eine positiven Einfluss auf meinen Zustand (durch das Medikament) festzustellen. Der Therapeutin gehen so langsam die Ideen aus, ich entwickle hypochondrische Tendenzen, bin frustriert und unmotiviert. Mein Knackpunkt sind die ständigen, beherrschenden Symptome, die mich in meinen sämtlichen Vorhaben hindern und blockieren. Die therapeutischen Ansätze sind alle prima, leuchten ein und erscheinen logisch, jedoch kann ich zum Beispiel nicht mehr Sport treiben, wenn Magen/Darm verrücktspielen, Schwindel vorherrscht und mir so schlecht ist, dass ich ständig Brechen könnte. Fahrradfahren mit Sehstörungen? Nein danke.Da es zusätzlich nicht möglich ist, die Symptome einzuordnen, also zu sagen, ob Beschwerde X nun tatsächlich eine Nebenwirkung von Medikament Y, oder aber von psychosomatische Herkunft ist, sehe ich keinen anderen Weg: das Zeug muss weg.

„Ich will nicht überleben. Ich will leben.“, so heißt es im aktuellen Filmdrama 12 Years a Slave von Steve McQueen. Der Film hat – nebenbei erwähnt – drei Oscars (bester Film; bestes, adaptiertes Drehbuch; beste Nebendarstellerin) abgeräumt.

Auf jeden Fall Bedarf es an guter Vorbereitung. Abruptes Absetzen ist definitiv ein „no-go“ und eine ärztliche Begleitung zwingend erforderlich. Darüber berichte ich im nächsten Teil.

9 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo wo kann man denn die weiteren Teile außer Teil 1 finden und lesen bitte schicken Sie mir den Link ich nehme seit 8 Jahren Paroxetin habe drei Jahre lang gebraucht um von vierzig Milligramm auf fünfundzwanzig Milligramm zu kommen ich schaffe es nicht weiter ich gehe jeden Tag vor die Hunde an Nebenwirkungen ich bin täglich auf Entzug Toleranz Entzug bitte schicken Sie mir doch wir vorgehen sie dürfen mich gerne auch telefonisch kontaktieren 0176 ******** dieses Medikament hat mein ganzes Leben zerstört ich bin seit 9 Jahren zuhause wegen diesem Medikament ich kann nichts mehr tun es hat mein Leben zerstört bitte melden sie sich ich bin vierunddreißig Jahre alt

    • Hallo Andy, ich fürchte ich kann dir nicht helfen. Ich beschreibe hier meinen, persönlichen Weg, der sich natürlich komplett unterschiedlich entwickeln kann und auch wird. Aktuell gibt es nur diesen ersten Teil (Prolog). Du bist zu 100% bei deinen Ärzten besser aufgehoben!

    • Hallo Andre ich bitte sie Versuch doch mit Johanniskraut tablete…Ich bin ganz sicher das sie hilft dich…lg. Mira

  2. Hallo,
    las gerade die Nachricht von Andy –
    falls jemand Hilfe beim Absetzen braucht: Auf dieser Seite gibt es Erfahrungen und sehr gute Tipps von Betroffenen und Informationen für Menschen, die große Schwierigkeiten beim Absetzen (auch moderner Antidepressiva) haben:
    http://www.adfd.org/austausch/
    viele Grüße und alles Gute, alice

  3. Ich nehme seit 27 Jahre Antidepressiva, nicht nur das…..? Baue es jetzt massiv ab mit Komplementärmedizin. Bin sehr interessiert, wie andere damit umgehen. Habe das Neuroleptikum abgebaut und jetzt Paroxetin, danach leider noch Benzodiazepine….!

    • Hallo Patricia, wie hast du Paroxetin abgebaut? nimmst du es überhaupt nicht mehr, oder nur in kleine Dosierungen?
      Liebe Grüße, Tarek

  4. Ich habe seit 3 Jahre das Paroxetin es sollte eigentlich ein Bio sein und haben mich falsch beraten lassen , also das ist genau so schlimm wie Lorazepam ( Tavor) das habe ich dank Gott abgesetzt war 11 Jahre an dem Teufelskreis und das 3 Mal im Tag 1 mg jetzt möchte ich von dem Zeug hier auch weg was mein Arzt nicht möchte leider obwohl ich schon Physiotherapie und alles gut durch habe und stabil genug bin

  5. Habe 17.Jahre Paroxetin genommen. Mittlerweile ist bekannt , dass der Entzug genauso schlimm ist wie ein Heroinentzug. Ich warne ausdrücklich vor diesem Medikament!!! Habe 5.Jahre gebraucht Um davon weg zu kommen! Mit den Tabletten hat man gar keine Changse nur mit den Tropfen .Unter5.Milligramm wird es richtig hart da mit 5.Milligram noch 50% der Rezeptoren belegt sind und man denkt alles ist super. Bei schnellem Absetzen hatte ich Stromschläge im Kopf ,Übelkeit, versetztes Sehbild, Schwindel, Panik. Ich war unfähig irgendetwas zu tun , wollte nur noch die Tabletten. Wenn du langsam ausschleichet hast du trotzdem Symptome wie: Reizbarkeit,Schwitzen, Konzentrationsstörungen,Migräne, Muskelzuckungen, Restless Legs,Kribbeln ,Nadelstiche, Heulkrämpfe,Depression,Schmerzen. Ich habe auch Spätfolgen von Paroxetin. Nimmst du schon Paroxetin Wechsel unbedingt das Medikament.Es macht glücklich, angstfrei und extrem Leistungsfähig. Aber wenn du es absetzt ist nicht nur deine Krankheit zurück ,sondern du bist nachhaltig geschädigt und abhängig. Schon beim weglassen einer Tablette kommst nach 15.-20 Stunden in den Entzug. In der Psychatrie wird es kaum noch verwendet . Schade das dies so spät erkannt wurde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert