Hypochondrie – wenn die Angst vor der Krankheit krank macht
Hypochonder werden von ihrer Umwelt gerne belächelt, doch bei Hypochondrie handelt es sich um eine ernst zu nehmende Krankheit, unter der Betroffene erheblich leiden. Außenstehenden fällt es schwer, diese Krankheit zu verstehen. Und da die Umwelt sich immer mehr vom Hypochonder abwendet, droht auch ihr soziales Gefüge zu zerbrechen.
Viele Betroffene wissen gar nicht, dass sie Hypochonder sind. Oft können auch Ärzte nicht auf Anhieb erkennen, wo die eigentlichen Probleme des Kranken herrühren. Es ist nicht das Symptom, das den Betreffenden zum Arzt führt, sondern eigentlich seine seelische Verfassung. So ist Hypochondrie auch eine psychische Erkrankung, die alle in Mitleidenschaft zieht, die mit dem Hypochonder näher zu tun haben.
Nicht nur die Familie, auch die behandelnden Ärzte werden durch die häufigen Besuche, bei dem sich augenscheinlich nichts Gravierendes herausstellt, gestresst. Irgendwann kann es passieren, dass der Arzt seine Hilfe verweigert, selbst dann, wenn eine ernste Erkrankung vorliegt.
Die Symptomatik eines Hypochonders
Hypochondrie ist eine neurotische Störung und lässt sich als gebündelte Angst vor Krankheiten beschreiben. Sie zeigt sich durch mehrere charakteristische Symptome: Hypochonder sind felsenfest davon überzeugt, an mehreren organischen Krankheiten zu leiden. Auch wenn ihnen glaubhaft versichert wird, dass sie gesund sind, bleiben sie bei Ihrer Annahme. Außerdem hat der Hypochonder einen krankhaften Drang zur Selbstbeobachtung. Alle seine Gedanken kreisen um seine Organe und deren eingeschränkte Funktionsfähigkeit. Die selbst festgestellten Symptome sind sachlich nicht zu begründen. Doch der Kranke vermutet so stark, ernsthaft krank zu sein, dass er tatsächlich psychosomatische Symptome aufweisen kann.
Ob Geschlechtsorgane, Wirbelsäule oder Gehirn, alle Gedanken des Hypochonders kreisen permanent um seine Körperteile und sind von der Furcht bestimmt, dass diese sich auflösen, zersetzen oder vergiftet sind. Auch wenn tatsächlich eine körperliche Störung vorliegt, besteht selten ein Zusammenhang zur neurotisch übersteigerten Angst.
Definition Hypochondrie
Wird die Krankheit diagnostiziert, müssen bestimmte Kriterien vorliegen. Einmal muss eine anhaltende Überzeugung über das Vorhandensein mehrerer ernsthafter Krankheiten bestehen, auch wenn diese nach mehrfacher Untersuchung nicht festgestellt worden sind.
Gekoppelt ist das an die permanente Weigerung, ärztliche Beteuerungen und sogar „Beweismittel” in Form von Ultraschallbildern oder Röntgenaufnahmen zur eigenen Gesundheit anzunehmen. Jede Art medizinischer Aufklärung, die beruhigen könnte, wird ignoriert. Aus der Hypochondrie können intensive seelische und soziale Folgen erwachsen.
Hypochonder leiden häufig unter Stimmungsschwankungen, neigen zu Depressionen und betrachten ihr Leiden als chronisch. Infolgedessen nehmen sie auch soziale Einbußen in Kauf, nehmen nicht mehr aktiv am gesellschaftlichen Leben teil, da sie ja „krank” sind.
Partnerschaftlich und familiär entstehen große Konflikte, denn die Umgebung reagiert zunehmend gereizt auf den Hypochonder. Das kann sogar zum sozialen Abstieg und einem hoffnungslosen Versinken in den eigenen eingebildeten Krankheiten führen.
Hypochondrie und Psychosomatik
Ängstliche Menschen sind stärker gefährdet, an hypochondrischen Störungen zu erkranken, als psychisch stabile Menschen. Ein direkter Zusammenhang ist jedoch nicht erwiesen. Da neurotisch besetzte Menschen auch zu einer gewissen Art Selbstbespiegelung neigen, können daraus ähnliche Verhaltensweisen entstehen. Ähnlich wie neurotische Fixierungen ist auch die Hypochondrie nicht so einfach zu heilen.
Es gibt kein anerkanntes therapeutisches Konzept, das man speziell für diese Störung anwendet. Depressive Erscheinungen müssen meist separat behandelt werden, doch sie zu erkennen, fällt selbst Fachleuten beim Hypochonder schwer.
Oft ist eine Behandlung gar nicht möglich, da der Patient keine psychologische Beratung akzeptiert, da er ja auf körperliche Erkrankungen fixiert ist.
Die Hypochondrie kann sogar wahnhafte Ausmaße annehmen und muss dann mit Psychopharmaka behandelt werden.
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