Der Begriff Resilienz (abgeleitet von „resilire”, dem lateinischen Verb für „abprallen”) wird in der Psychologie und anderen wissenschaftlichen Disziplinen wie Biologie oder Pädagogik allgemein als Fähigkeit definiert, unter Druck erfolgreich und ohne Eigenschädigung Strategien für Alternativen zu negativen Situationen entwickeln zu können und anzuwenden.
Typische Auslöser für Krisensituationen, die Resilienz-Potenzial herausfordern, sind berufliche Überforderungen und Misserfolge, familiäre Konflikte, traumatische Erlebnisse als Kriegs- oder Verbrechensopfer, Krankheiten und Unfälle. Wo Menschen ohne oder mit nur schwacher Resilienz-Ausprägung sich bestimmten Krisen hilflos ausgeliefert fühlen und in Folge resignieren, in Passivität verharren oder verzweifeln, fühlen sich stark resiliente Menschen eher angespornt, die Krise zu meistern und entwickeln lösungsorientierte Energien.
Wie ein verformter Gummiball
Als bildhafte Beispiele aus dem außerpsychologischen Bereich veranschaulicht die Fähigkeiten eines durch Aufprall zeitweilig verformten Gummiballs, wieder Kugelgestalt annehmen zu können, oder eines Stehaufmännchens, das trotz massiver Krafteinwirkungen nicht am Boden liegen bleibt, sondern sich wieder aufrichtet, das Wesentliche des Begriffs „Resilienz”. Auch im Zusammenhang mit der Regenerierungsfähigkeit von Ökosystemen nach Waldbränden oder ähnlich radikalen Ereignissen wird häufig von „Resilienz” gesprochen.
Anfang der Resilienz-Forschung
Zu den grundlegenden Untersuchungen, die am Anfang der Resilienz-Forschung in der Psychologie standen, gehört eine in der Fachwelt berühmte Langzeituntersuchung der US-amerikanischen Psychologin Emmy Werner in den 1970er Jahren, bei der insbesondere die Entwicklung von etwa 200 gleichaltrigen, auf einer pazifischen US-Insel beheimateten Kindern mit prekären familiären Hintergrund untersucht wurde. Etwa einem Drittel dieser bis zum 40. Lebensjahr begleiteten Jahrgangskohorte gelang trotz schwieriger Startbedingungen ein sozial und wirtschaftlich erfolgreiches Leben. Diese erfolgreichen Probanden wiesen als Kinder verstärkt als „resilient” bezeichnete Eigenschaften wie Ausgeglichenheit, Kreativität, Belastbarkeit, Neugier, Netzwerkerqualitäten und Flexibilität auf. Die restlichen zwei Drittel der Probanden zeichneten sich vor allem durch das Merkmal aus, dass ihr Selbstwertgefühl durch äußere Einflüsse psychisch sehr leicht massiv erschüttert werden konnte („Vulnerabilität”).
Faktoren, die dem Aufbau von Resilienz dienen
Die herrschende Meinung in der Forschung geht davon aus, dass Resilienz nicht genetisch bedingt ist, wie eine Minderheit in der Fachwelt zumindest nicht ganz ausschließen will, sondern im Laufe des Lebens, insbesondere in Kindheit und Jugend erworben wird. Dabei sind Faktoren wie Geborgenheitsgefühle im Zusammenhang mit Eltern und Familie, erlebte Wertschätzung der eigenen Person, Erfahrungen mit der Wirksamkeit eigenen Handelns in Bezug auf eigene Lebenszusammenhänge sowie Vorbilder im engen Sozialisationsraum von zentraler Bedeutung für Aufbau und Festigung des für resilientes Verhalten notwendigen optimistischen Selbstwertgefühls. Wichtig können auch Intelligenz, Gruppenorientierung, soziales Engagement, stabile Drei-Generationen-Familien, viele Geschwister, moralische und religiöse Werte sowie schulisches Umfeld sein.
Die Entwicklung beginnt in der Kindheit
Kinder aus sozial schwachen Familien sind häufiger ständig Frustationen und Konflikten in der Familie ausgesetzt und können daher oft schwieriger Resilienz aufbauen als Mittelschichtkinder. Allerdings neigen viele Mittelschichtkinder oft wegen Überbehütung bei mangelnder Wertevermittlung zu Nichtresilienz. Im Gegenzug kann bei Unterschichtskindern, die frühzeitig Verantwortung in der Familie übernehmen mussten, häufig Resilienz festgestellt werden.
Programme zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit
Die Resilienz-Forschung hat psychologische Programme entwickelt, mit deren Hilfe die Widerstandsfähigkeit von Menschen in Krisensituationen gestärkt werden soll.
Resilienz kann zum Beispiel durch schulische Aktivitäten, bei denen Verantwortungsübernahme („Opstapje”-Ansatz) im Mittelpunkt steht, gezielt gefördert werden. In den letzten Jahren zeigt die Wirtschaft zunehmend Interesse daran, dass Mitarbeiter, insbesondere des Management-Bereichs, durch solche Programme entsprechende Fähigkeiten in ihrem Arbeitsumfeld aufbauen.
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